Partizipative Entsorgungspolitik

Evaluation regionaler Partizipationsverfahren bei der Standortsuche für Tiefenlager von radioaktiven Abfällen

Projektleiter

Prof. Dr. Adrian Vatter

Projektmitarbeiterin

Claudia Alpiger
Zeitungsartikel: Walliser Bote, 07.02.2015 (PDF, 741KB)

Projektdauer

September 2014 bis Juni 2018

Projektfinanzierung

Bundesamt für Energie (BFE)

Projektbeschreibung

Für die langfristig sichere Lagerung von radioaktiven Abfällen aus Kernkraftwerken, Medizin, Industrie und Forschung in der Schweiz sollen geologische Tiefenlager innerhalb der Schweiz gefunden werden, damit diese Abfälle dort eingelagert werden und langfristig zerfallen können. Zurzeit lagern diese in den Zwischenlagern für radioaktive Abfälle in Würenlingen und an den Standorten der Kernkraftwerke. Die Modalitäten zur Standortsuche hat der Bund 2008 im 'Konzeptteil Sachplan geologische Tiefenlager' festgelegt und das Verfahren zur Standortauswahl definiert. Das Ziel ist es, ein transparentes, nachvollziehbares und verbindliches Verfahren zur Auswahl der Standorte zu garantieren und die Interessen und Bedürfnisse der Standortregionen zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck wurden in den sechs potentiellen Standortregionen zwischen 2009 und 2011 Partizipationsgremien gegründet. Diese bestehen aus Vertretungen der betroffenen Gemeinden, lokalen Organisationen und der betroffenen Bevölkerung. Seit Ende 2011 wird in jedem regionalen Partizipationsgremium in verschiedenen Arbeitsgruppen und in sogenannten Vollversammlungen intensiv gearbeitet. Zudem findet eine intensive Zusammenarbeit des zuständigen Bundesamtes für Energie (BFE), als verfahrensleitende Behörde, mit den genannten Vertretungen statt. Im Rahmen dieser regionalen Partizipation haben die betroffene Bevölkerung und die Gemeinden die Möglichkeit, ihre Region zu vertreten und ihre Anliegen in den Prozess der Standortsuche einzubringen.

Der 'Konzeptteil Sachplan geologische Tiefenlager' sieht drei verschiedene Etappen vor: In der ersten Etappe (2009–2011) hat die Nagra aufgrund sicherheitstechnischer und geologischer Kriterien sechs geologisch geeignete Standortgebiete für die Abfälle vorgeschlagen. Zudem wurden in den sechs Regionen die Organisationsstrukturen der Partizipation aufgebaut, um die Mitwirkung der Betroffenen sicherzustellen – konkret wurden sog. Regionalkonferenzen konstituiert. Das Ziel der zweiten Etappe (läuft seit 2011) ist es, die Standorte auf mindestens zwei pro Abfalltyp (hochradioaktive- und schwach-/mittelradioaktive Abfälle) zu reduzieren. In der dritten Etappe (voraussichtlich ab Mitte 2017) werden dann die verbleibenden Standorte vertieft analysiert mit dem Ziel eines definitiven Standortentscheides des Bundesrates. Dieser untersteht schliesslich einem referendumsfähigen Parlamentsbeschluss.
Das Ziel dieses Forschungsprojektes ist es, die Möglichkeiten der momentan laufenden partizipativen Prozesse zu evaluieren, Schwächen und Stärken zu erkennen und adäquate Hilfestellungen zu entwickeln. Es sollen dabei die bisherigen, aber auch laufenden regionalen Partizipationsverfahren bei der Standortsuche im Rahmen des Sachplans geologische Tiefenlager in der Schweiz evaluiert werden. Welche empirischen Befunde und weitergehende Folgerungen lassen sich aus dem bisherigen regionalen Partizipationsverfahren bei der Standortsuche für geologische Tiefenlager ziehen? Die Evaluation erfolgt auf zuvor definierten Evaluationskriterien, wobei Dokumentenanalysen (z. B. von Protokollen aus dem bisherigen Partizipationsprozess) und Experten-/Leitfaden-Interviews mit Stakeholdern durchgeführt werden.

Ein weiteres Ziel ist die Optimierung und Formulierung von konkreten Handlungsempfehlungen für die laufenden Partizipationsprozesse in den Standortregionen. Welche kurz- bis mittelfristigen Handlungsempfehlungen zur Optimierung des regionalen Partizipationsverfahrens im Sachplanprozess können unterbreitet werden?

Zudem soll die Übertragbarkeit der Befunde zur regionalen Partizipation im Standortauswahlverfahren für geologische Tiefenlager auf andere Grossprojekte des Bundes analysiert werden. Welche Erkenntnisse zu den Befunden zur regionalen Partizipation lassen sich auf andere Grossprojekte des Bundes übertragen, welche nicht? Und was müsste dabei beachtet werden?

Eine Erkenntnis aus dem Aufbau der regionalen Partizipation ist, dass Frauen und Jugendliche in den Gremien der Regionalkonferenzen untervertreten sind. Deshalb soll als zusätzliches Teilprojekt spezifisch untersucht werden, wie und in welchem Umfang Frauen und Jugendliche über technische Grossprojekte informiert werden und wie sie im Planungsprozess mitwirken möchten. Wie können Frauen und Jugendliche stärker als bisher in partizipative Prozesse bei grosstechnischen Projekten eingebunden werden? Ergänzend wird der Frage nachgegangen, weshalb sich Personen mit Migrationshintergrund unterdurchschnittlich an den Mitwirkungsverfahren beteiligt haben und welche Handlungsempfehlungen dazu geäussert werden können.

In einem Schlussbericht werden die Erkenntnisse aus den einzelnen Teilbereichen dargelegt. Der definitive Schlussbericht bildet dann einen integralen Bestandteil einer Promotionsarbeit, die von der Doktorandin Claudia Alpiger verfasst werden soll.
 

veröffentlichte Berichte

 

veröffentlichtes Poster

Participatory Disposal Policy (PDF, 446KB). Poster presented at the 2nd Conference on Key Topics in Deep Geological Disposal, Cologne (DE),  26 – 28 September 2016 (DAEF, Deutsche Arbeitsgemeinschaft Endlagerforschung).